Montag, 11. August 2008

Das womöglich Allerletzte

Pipapo, halli hallo, hier nun der letzte Bericht über das Land Polen und das Jahr, das ich dort fast lebte.

Momentan sitze ich nicht einmal vor meinem eigenen Computer, sondern in Oz, dem Zauberland und nicht in Kansas. Ich schreibe auf einer groooßen Computertastatur mit Umlauten und blicke auf einen groooßen Bildschirm, den ich mir einst kaufte, um auch von der Flachbildschirmtechnologie profitieren zu können. Aaaber DAS interessiert ja gar nicht, aaaber ich habe ein bisschen Angst davor, anzufangen, denn wenn man einmal angefangen hat, dann, ja dann sollte/könnte man das ja zu Ende machen, und das ist nicht immer meine Stärke.
Es handelt sich hier um eine Zusammenfassung subjektiver Eindrücke und Fakten. Was ich so erlebt habe, kann man hier im Blog nachlesen.

Los gehts.

Ich kam also am 1.9.2007 in Lodsch an. Ich trank im Zug mein erstes polnisches Bier mit polnischen Soldaten und schleppte zwei große, schwere Koffer mit mir rum, dazu noch eine Gitarre und einen Rucksack.
Angekommen, wurde zum Studentenwohnheim gebracht und lernte dort meinen Zimmergenossen Tuomo aus Finnland kennen. Der trank sehr viel, war aber ein umgänglicher Trunkenbold. Nach dem Monat in Lodsch hatte ich fast nie wieder was von ihm gehört. Das macht aber nix, denn so kommts halt manchmal.
In Lodsch wars toll, sehr toll. Ich lernte viele sehr nette Leute kennen und fühlte mich doch sehr wohl, auch wenn die sanitären Anlagen ungeil und das Zimmerteilen nicht immer angenehm war. Für einen Monat ist das sehr prima und ok.
Der Unterricht in der Sprachschule war zwar nicht ganz nach meinem Geschmack, er lies sich jedoch aushalten. Ich war ja in der Fortgeschrittenengruppe und dort schreiteten wir dann auch ziemlich fix vorwärts. Für die Anfänger unseres Kurses war das dann doch etwas viel, aber die Zeit bestand ja schließlich nicht nur aus dem Kurs, sondern auch aus einem fetzigen Rahmenprogramm zu dessen Teilnahme man nicht gezwungen war. Es ging in Museen und Paläste und besonders das Museum für zeitgenössische Kunst kann ich sehr empfehlen.
Auf jeden Fall kann ich nur Jedem dazu raten, an einem EILC-Sprachkurs teilzunehmen. Man lernt einen Haufen netter Leute kennen und wenn man dann mal irgendwo im Land hinfährt, dann kennt man da schon mal jemanden. Außerdem bekommt man auch für diesen Monat schon EU-Fördergeld.
Meinen Platz im Sprachkurs bekam ich allerdings nicht dadurch, dass ich mich rechtzeitig angemeldet habe, sondern durch mein ständiges Fragen, ob ich denn jetzt rein käme und auf welchem Platz der Warteliste ich denn nun sei usw... Meine Koordinatorin in Deutschland reichte meine Anmeldeunterlagen erst am Anmeldeschlusstag ein, obwohl ich sie schon weitaus früher abgegeben hatte. Naja, es ist ja noch mal alles gut gegangen.

Nach diesem schönen September - ich wollte gar nicht weg aus Lodsch - ging ich in das viel schönere Posen und lebte dort erstmal im „Viertel der Aufklärung“. Vom Bahnhof abgeholt wurde ich nicht, denn es hatte keiner Zeit. Das fand ich unter aller Sau und ziemlich scheiße von meiner Mentorin Natalia.
In meinem Zimmer, das mir dankenswerter Weise von Bekannten aus Bielefeld besorgt worden war, war erst Krzysztof da und dann keiner mehr. Das Internet ging nicht und eine Waschmaschine war auch nicht auffindbar. Ich fühlte mich schon sehr komisch dort, aber irgendwann gings, als ich nämlich mein Bett hatte und wusste, wo ich meine Wäsche waschen konnte. Aber auch das war ungeil, weil umständlich und kalt und dazu noch der ganze Kram mit Steffi dazu kam. Es ging mir so geht so.
Die Leute in der WG waren zwar ziemlich ok – echt jetz – aber so ganz „das Wahre“ war das nicht. Die Wohnung befand sich in einem „Blok“ (=Block). Vorher hatte ich noch nie in so einem großen Haus gewohnt und muss sagen, dass das an sich auch gar nicht schlimm ist. So ein Blok ist in Polen nicht unbedingt ein Zeichen des Rumtingelns in der Unterschicht; dort wohnt auch die Sandwichsschicht (oder so was) und WENN ich denn eine Waschmaschine gehabt hätte, dann wäre ich dort auch wohnen geblieben.
Jo, und weil die Miete ja so gering (knapp über 100 Teuro) und ich so reich war, bekam ich dann auch kein Auslands-Bafög. Tja, schade.
Erasmusgeld bekam ich satte 200 T€, weshalb das mit dem BAföG dann auch kein sooo großes Problem war.

Ich lernte dann auf einem Konzert finnischer Avantgardisten Maja und Paulina kennen. Die schienen nett zu sein und waren auch mal Erasmusstudentinnen in Deutschland und zick, zack, zuck fragten sie mich, ob ich denn bei ihnen einziehen wolle. Sie hatten Internet und eine Waschmaschine und da sagte ich mir: „Los, da ziehste jetz ein.“

Der Umzug war dann so Mitte November. Einen Vertrag unterschrieb ich nicht. Für meine erste Wohnung hatte ich zwar einen (zeitlich befristeten) unterschrieben, aber meine Kollegen meinten: „Kein Problem, wir besorgen uns dann einen neuen Mitbewohner und dann ist das schon ok.“

Bei der Uni gings mal so, mal so. Die Kurse, die ich anfangs wählte, waren teilweise nicht für dieses Semester vorgesehen und so hieß es schreiben, fragen, laufen, ärgern, fummeln, rechnen, planen und dann wieder schreiben.
Es hat etwas länger als gehofft gedauert, bis mein Stundenplan endgültig stand.

Die Uni an sich ist ja angeblich die beste Polens, zumindest wurde uns da immer erzählt. Die Studenten haben’s daher vielleicht auch nicht leicht. Es wird ihnen sehr viel abverlangt, zumindest was das Pensum betrifft. Die Organisation der Kurse ist absolut starr und man bekommt (als polnischer Student) seinen Stundenplan vorgeschrieben. Man wird außerdem einer Gruppe zugewiesen, mit der man dann diese ganzen Kurse besucht.
Jetzt denken sich die Deutschen: „Oh mein Gott, wie unmenschlich und altmodisch und verschult.“
Natürlich ist das alles war, aber nicht immer schlecht. Allerdings ist das einzige Gute daran das Bewegen in Gruppen. Wenn man also als Austauschstudentenmensch nach Polen geht, empfiehlt es sich, ein Teil einer Gruppe zu werden. Man muss ja nicht alle Veranstaltungen besuchen oder dort Klausuren schreiben, aber um Leute kennen zu lernen ist dies der einfachste und schnellste Weg.
Ich persönlich hab anders gemacht: Ich pickte mir meine Kurse raus und blieb durch Hartnäckigkeit mit Leuten in Kontakt.
Man sollte sich als Austauschstudent immer daran erinnern, dass man für eine gewisse Zeit in ein bestehendes, vielleicht sogar noch unbekanntes soziales System geht. Die Leute innerhalb dieser neuen Welt brauchen einen nicht, denn sie haben schon ihren Freundeskreis und mitunter verhindern die zeitliche Begrenzung und die sprachliche Barriere das Knüpfen fester Freundschaften.
Ich rate nur dazu hartnäckig zu bleiben, wenn man die Leute und ihre Kultur genau kennen lernen will. Bei mir hat’s geht so geklappt.
Ich wollte zunächst erstmal viel mit den Polen machen, wurde aber oftmals vergessen und/ oder übergangen. Die einfache Kommunikation mit Landsleuten verleitet dann auch viele Studenten dazu, sich nur innerhalb der „Erasmusgruppe“ zu bewegen. Man sitzt im selben Boot, hat dieselben Probleme und spricht vielleicht sogar noch dieselbe Sprache. Hierzu habe ich zunächst versucht Abstand zu halten, gab aber mit der Zeit immer mehr nach. Heute, wie damals, fand ich das nicht schlimm, hätte dann aber doch gerne mehr mit den Polen zu tun gehabt.
Ein Glück für mich war, dass ich immer noch mit Paulina und Maja zusammenwohnte. Dadurch bekam ich meine tägliche Portion weiblich-polnischen Wahnsinn und ab und an lernte man auch nette und interessante und interessiert Leute kennen.
Die Beiden haben mich auch wirklich oft genervt, aber vor allem in der Anfangszeit des Lebens mit ihnen, hat mir die Veränderung echt gut getan. Wir verstanden uns dann auf der hygienisch-organisatorischen Ebene immer schlechter und dann hat’s aber auch genervt.
Naja, was soll’s; für noch nicht mal ein Jahr war das schon ok.

Noch einmal zur Uni: Die Ausstattung ist nicht schlecht und mitunter klasse, nur machen die Gebäude einen erschreckend hässlichen Eindruck – von außen wie von innen – und die Bürosituation der Lehrenden ist teilweise katastrophal, aber es gibt nette Dozenten, schlechte Dozenten, asige und sehr professionelle Dozenten; also alles genau wie überall auf der Welt.
Ich muss sagen, dass der Unterricht bei den Anglisten schon ziemlich gut war. Oft gab es eine Vorlesung und dazu ein Tutorium, aber noch öfter Seminare – so isses mir jedenfalls aufgefallen – die meist mit der eigenen Gruppe und somit in äußerst kleinen, angenehmen Größen stattfanden.
Der einzige Erasmuskurs (= AMU-PIE), den ich besucht habe, war Polish Phonetics, der mir persönlich auch wirklich was für meine Aussprache und somit meinem Sprachgefühl insgesamt brachte.

Weiterhin war/ ist das schnelle Besorgen eines Studentenausweises Pflicht. Man kriegt allerhand Ermäßigung bei Konzerten, im Kino, aber vor allem im öffentlichen Nah- und Fernverkehr (50 und 37% Rabatt). Ein Studententicket gibt es daher nicht. (Nur mal so am Rande: Es wäre auch ein interessanter Gedanke, allen deutschen Studenten eine Bahncard 37 bei Studienbeginn zu schenken, oder?)

Die Straßenbahnen und Busse fahren ziemlich nach Fahrplan und die Fahrpreise sind, verglichen mit Deutschland, sehr, sehr günstig. Man sollte sich schon zu Anfang ein Monatsticket („Kom Karta“) besorgen, damit man sorglos umherfahren kann. IN Poznan konnte man die Karte bis zu einem Jahr aufladen, was einen vor Rennerei, Anstehen und eventuellen Preisanstiegen bewahrt. Wenn man sie verliert, tja, dann…

Die Züge in Polen sind billig, aber langsam. Will man längere Reisen unternehmen, so empfiehlt sich der TLK (Tanie Linie Kolejowe), eine günstige Schnellzugverbindung. Sie fahren weniger oft als die normalen Osobowy oder Pospieszny, sind aber meist schneller und (im Verhältnis) günstiger.

Was das Geld betrifft, so war mir mein Konto bei der Deutschen Bank durchaus von großem Nutzen. In Poznan gab es gleich drei Filialen, bei denen man so ohne Gebühr Geld von seinem deutschen Konto abheben konnte. Mit polnischen Konten kenn ich mich gar nicht aus. Matthias und Dani hatten ja z.B. eins, was die Überweisungen sicherlich vereinfacht hat.
Ich lief indes immer zur Post, füllte einen Überweisungsschein aus und bezahlte 75 Cent Gebühr. Lief bei mir immer ok, aber es gab auch die Geschichte, dass die Post Danis Überweisung halb verschlampt hatte, was die Vermieter ja nicht unbedingt freut.
Bei mir hat’s aber geklappt.

Das Essen gestaltete sich folgendermaßen:
Es gibt jetzt keine wirkliche Mensa, aber dafür die polnische Art von Fast Food, nämlich die Milchbar, oder Bar Mleczny, in der man günstig essen. „Günstig oder GUT und günstig?“ werden jetzt einige fragen und das ist nicht immer einfach. Auch, wenn die einzelnen Läden z.B. zur Kette „Społem“ gehören, so unterscheidet sich die Zubereitung oftmals trotzdem etwas und dann sagen alle: „Nääh, da ess ich nich, da schmeckt’s nicht. Lass mal zu der mit den zwei Etagen gehen, da schmeckt’s nämlich!“
Wer satt werden und nicht viel Geld ausgeben, der kann’s ja mal vorbeischauen.
Ich fand die Milchbars jetzt nicht schlecht und fand da auch keine riesigen Unterschiede. Man sollte’s halt mal probieren.
Es gibt auch eine vegetarische Kette (also Bar Wegetarianski), die sich „Green Way“ nennt und sogar vegane Küche anbietet Ich fand das Essen jetzt nicht sooo toll und hatte außerdem das Gefühl, vom essen Sodbrennen zu bekommen. Liegt vielleicht auch an mir, wer weiß?

Jetzt fällt mir erstmal nix mehr ein. Vielleicht hilft das hier ja zukünftigen Austauschleuten oder Urlaubern. Kann sein, dass ich den Kram noch einmal überarbeite (wird gekennzeichnet) oder noch was dranhänge (sieht man dann ja).

Jetzt habe ich jedenfalls keine Lust mehr, den Text nur auf meinem Computer zu behalten. Und bedanke mich fürs Lesen.

Ich danke auch all den Leuten, die dieses Blog verfolgt, und ganz besonders denen, die auch mal einen Kommentar hinterlassen haben.

Over und aus,

Euer Jens

Sonntag, 3. August 2008

Wieder da!

Ja, ich Jens, Euer geschätzter und fluxkompensierender Autor, bin wieder in Deutschland (D) und OHZ und überhaupt.

Der versprochene Enderfahrungsbericht kommt bald, versprochen.