Donnerstag, 8. November 2007

Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt...

Jo, so ist das. Befinde mich gerade in einer Bredouille. Bredouille ist ein Wort französischen Ursprungs, jedenfalls siehts so aus, oder? Es ist jedenfalls sehr komisch, es zu schreiben.
Wie dem auch sei. Ich habe ein verlockendes Angebot bekommen, wie es verlockender kaum sein kann. Aber alles mal von Anfang an...
Es fing damit an, dass ich eigentlich von Wibke und Stefan zum Essen mit anschließendem Bierchen eingeladen wurde. Ich sagte natürlich sofort zu, ohne zu ahnen, was für eine Wende noch auf mich zukommen sollte.
Ich ging tagsüber in die Uni, lungerte dort ein bischen rum, versuchte aufzupassen und war eigentlich recht gut gelaunt, als ich, gerade aus dem Computerraum der Bibliothek zurückgekehrt und auf mein Mobiltelefon blickend folgendes erspähte: 'Ein Anruf in Abwesenheit. Nummer unbekannt.' Hmm... was sollte sich hinter diesem geheimnisvollen Anruf verbergen. Verwählt? Fehlgeschlagener Scherzanruf? Besoffen? Ausversehen beim Kratzen gewählt? Rückrufschwindel?
Nein.
Ich ging nach draußen und beschloss, die unbekannte Nummer, die wie jede andere normale polnische Handynummer aussah, anzurufen. Eine Nummer kann man zwar nicht anrufen, aber wer wird denn kleinlich sein?
Ich stand also auf dem Uniparkplatz. Der Wind wehte leicht bis schwerer als leicht, während sich die Wolken, aufbäumend, zu einem neuen, unmittelbar bevorstehenden Regenschauer formierten, um die Menschheit einmal mehr mit seinem Ursprung zu begießen. Vielleicht lässt sich das meteorologisch sachlicher ausdrücken, aber da scheiß ich drauf.
Ich betätigte den Abnhemknopf. Es tutete. Tuut. Tuut. Tuut.

"Ja, hallo?"
"Hallo?"
"Ja, hallo Jens, hier ist Paulina. Ich weiß nicht, ob du dich erinnerst; Paulina und Maja?"

Jo, da wurde ich doch glatt zum ersten Mal in Polen - also nach 5 Wochen in Poznań - von einem Polen - also eigentlich einer Polin - angerufen, dem ich meine Nummer gegeben habe. Wie schon vorher im Blog erwähnt, ist die Ruckrufquote, die ich hier erfahre,nicht besonders hoch.
Für Euch mag das jetzt so klingen wie: "Ähä, der Jens, der spinnt doch... der hat da doch Leude aus Deutschland und anderen Ländern und der soll sich mal nicht ins Hemd machen und wer ist das überhaupt, und überhaupt kann DER doch mal Leude anrufen, der Sack. Meine Fresse, wenn der hier wär, dann würd ich ihm seine polieren - und nicht mitm Viledatuch!"
Jaja, jetzt regt Euch mal ab... Man kann hier ja nicht mal in Ruhe schreiben, ohne, dass da gleich einer kommt und Stress macht, nech? Ihr solltet Euch was schämen! Man möchte doch gerne etwas mit den Einheimischen zu tun haben.
Egal, egal, egal, also weiter im Text - im wahrsten Sinne des Wortes.
ALSO, ich wurde zur Einweihung der neuen Wohnung eingeladen. Fand ich gut und sagte auch gleich zu, damit ich so eine Schangse nicht verspiele. Da musste ich dann Stefan und Wibke absagen, was ich sehr doof fand, denn sowas find ich sehr doof. Naja, ging dann wohl aber klar. Eigentlich hatte ich erst vor, irgendwas zu erfinden wie: "Äh, mir gehts nicht so guuut." Hab ich dann aber sein lassen. Lass ich auch meistens. Wenn man schon Prioritäten setzt, dann kann man die Anderen auch gleich davon informieren.
So, und dann kämpfte ich mich durch den Regen, der aus gigantisch großen Eimern in einem Schwall aus sich selbst auf die Erde, seine gute, alte Heimat, zu prasseln, nein, zu schwämmen schien. Ich schaffte es trotzdem, einigermaßen trocken zu bleiben. Maja - ein selten toller Name, eigenlich, oder? - holte mich von der Haltestelle ab.
Von dem Haus, in das sie jetzt eingezogen sind, haben sie schon bei unserer ersten Begegnung geschwärmt. Es ist wirklich schick. Ähnelt Häusern in Bremen. Bremen Neustadt, oder so. Kenn mich da ja selber nicht so gut aus.
Das Haus ist kein Block - gut - hat einen Garten - auch gut - und die Wohnung hat ein großes Wohnzimmer - 's wird ja immer besser! - und ebenfalls recht große andere Zimmer - joah - und eine Waschmaschine - !!!!!!!!. Außerdem isses nah an 'nem Einkaufsladen und 'ner Haltestelle für (Nacht-)Bus und Bahn.
So, und dann hab ich ihnen den Wein geschenkt, den ich vorher gekauft hatte. In einem kleinen Laden. Ich sagte: "Wein, bitte," und bekam einen Redeschwall zurückgeschenkt, der sich gewaschen hatte, und zwar erst kurz zuvor. Ich sagte dann sowas, wie: "Äh, joah, da muss ich nochmal überlegen..." Die nette Verkäuferin fand das okéh und lies mich nachdenken. Dann sagte ich: "Rotwein, bitte." Auch hier kam eine Wall-of-Sound an mich zurückgeflogen, gespickt mit Gesten und "Gucken'se mal, den und den und den haben wir, aber der ist teurer als der und da müssen Sie sich entscheiden."
Ich suchte nach einem Weg, meine Unkenntnisse sowohl in Polnisch als auch in Weinkenntnis zu kompensieren und sagte schließlich: "Welchen Wein mögen Sie denn gerne?" HA!
Da kramte sie dann einen nicht ganz billigen hervor, einen Rosé aus Kalifornien (USA), und meinte, der sei aber nicht ganz rot. Rosé fand ich aber 'ne gute Lösung und bedankte mich feundlich, bevor ich den Laden verlies, ohne zu bezahlen. Ne, Quatsch, bezahlt hab ich natürlich. Wollte Euch nur etwas wachrütteln.
So, und dann kam's dicke.
Sie meinten, ich könnte ja bei ihnen einziehen, oder wenn nicht ich, dann kenne ich doch vielleicht jemanden, der könnte. Die Wohnung ist ja, wie beschrieben, hammerstark. Die Mädels sind, wie noch nicht ganz beschrieben, hammernett und ziemlich cool. Cool im Sinne von... nun ja, gut drauf halt. Im Ernst. Hört sich vielleicht doof an, aber soll ich denn schreiben: 'Ja, die sind nett'? Hört sich doch auch doof an.
Jo, ich war dann auch ihr erster und einziger Gast an diesem Abend.
Wir haben dann viel geschnackt und das war auch gut (Seht Ihr, solche Sätze hören sich kacke an!). Nach Hause gings dann spät und ohne Probleme (Boah, und der erst).
So, und heute morgen hab ich dann Łukasz und Aga davon erzählt. "Die wissen auch nicht weiter" (Kommando Sonne-Nmilch).
Tja, so eine 'pralka' (Waschmaschine) ist schon ein schlagkräftiges Argument, aber die Leude inner WG sind echt nett. Andererseits machte die 'andere' Wohnung einen besseren Eindruck und überhaupt und wierum warum Gartenstiel... tja.
Bredouille. Vielleicht nicht ganz passend.
Jetzt will ich Euch auch nicht länger damit nerven und hier nicht groß im Aristotelesstil rumdiskutieren.
Bin gerade im Café Pralnia.
Es ist kalt hier.
Ich glaub ich zieh um.
Oder?

Keine Kommentare: